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AUF DEM WEG ZUM URNENWALDFRIEDHOF
Mein Name ist Gerhard Hierz und ich bin der Verfasser dieses Tagebuchs. Ein Tagebuch an dessen Anfang eigentlich nur die simple Frage stand, was man mit einem Wald machen kann und an dessen Ende die Umsetzung eines Urnenwaldfriedhofs stehen soll. Dass als Hauptstation auf diesem, nicht immer ganz geplanten Weg, die Gründung eines Bestattungsunternehmens stehen würde, kam vor allem für Freunde und Familienmitglieder eher etwas überraschend: „Was! Mit richtigen Toten und so?“ Auf die spannende Reise, wie es dazu kam, was mich angetrieben, behindert, belustigt und begeistert hat, nehme ich euch gerne mit. Von Station zu Station möchte ich im Folgenden davon erzählen, wie ich dazu kam, ein richtiger Bestatter zu werden.
In den letzten Monaten wurde mir oft die Frage gestellt: „Bist du schon fertig?“ Meine Antwort: Fertig, ja – fix und fertig! Es liegt ein langer, steiniger Weg vor mir, den ich jedoch bereit bin zu gehen.
„Auf einfache Wege schickt man nur die Schwachen.“ – Hermann Hesse
Was ist überhaupt ein Urnenwaldfriedhof?
Ein Urnenwaldfriedhof bietet die Möglichkeit, Verstorbene auf sanfte, naturbelassene Weise zu bestatten. Die Asche, die nach der Einäscherung des Verstorbenen verbleibt, wird in einer biologisch abbaubaren Urne direkt an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. Dadurch entsteht eine würdevolle und nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Bestattungsritualen. Die Grabpflege übernimmt weitgehend die Natur. Innerhalb weniger Jahre zerfallen die Urnen, und die Asche wird wieder Teil des Bodens. Bei der Bestattung im Wald gilt das Prinzip, die Natur so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.
Zur Identifizierung der Grabstätten gibt es an den Bäumen entweder eine Identifikationsnummer oder eine kleine Plakette mit dem Namen des Verstorbenen. Alle Bestattungsbäume und Berechtigten werden in ein vom Bestattungsunternehmen geführtes Baumregister eingetragen.
Kapitel 1 – Der Beginn
November 2022:
Eine Grafik zur demografischen Entwicklung in Österreich löst in mir gemischte Gefühle aus – Bedenken, aber auch den Impuls, über mögliche Implikationen nachzudenken. Die Idee entsteht, auf einer Waldparzelle in unserem Familienbesitz einen Urnenwaldfriedhof zu realisieren (meine Frau behauptet allerdings, es wäre ihre Idee gewesen). Der in Frage kommende Wald umfasst etwa 2,5 Hektar und liegt nur etwa 10 Minuten von der Stadtgrenze Graz entfernt. Es handelt sich um einen idyllischen, ebenen Mischwald, der gut von einer öffentlichen Straße aus erreichbar ist. Die angrenzenden Grundstücke gehören größtenteils uns oder der ÖBB.
Direkt nebenan befindet sich der Autal-Waldfriedhof, der von der katholischen Kirche betrieben wird. Eigene, geschotterte Parkflächen befinden sich am Waldrand und werden hauptsächlich von den Friedhofsbesuchern des Nachbarfriedhofs genutzt.
Die Voraussetzungen könnten also kaum besser sein – aber wie geht man so ein Projekt an?
Dezember 2022:
Da war doch etwas mit der Schwiegermutter. Sie hat noch in ihren besten Jahren, in denen sie sich nach wie vor befindet, Vorsorge getroffen und im Friedwald in Klagenfurt ein Platzerl an einem Baum für sich reserviert. Bei einem Besuch bei ihr nutzen wir die Gelegenheit, um in dem nahegelegenen Wald einen Spaziergang zu machen. Alles wirkt sehr stimmig und naturbelassen, und fast alle Beisetzungsplätze sind bereits vergeben. Auffällig ist, dass die neu gepflanzten Buchenbäumchen in einem Abstand von nur zwei Metern voneinander stehen – das geht sich auf Dauer nicht aus.
Jänner bis März 2023:
Ich lese und arbeite mich in die Materie ein. Neben dem Waldbesitzer braucht es für ein solches Vorhaben einen Träger. Das kann eine Gemeinde, ein Bestattungsunternehmen oder eine öffentlich anerkannte Kirche sein. Naheliegend ist es also, der Verwaltung des katholischen Nachbarfriedhofs meine Idee vorzustellen.
April und Mai 2023:
Die Friedhofsverwaltung reagiert ablehnend, unter anderem mit dem Argument, der Wald sei zu laut (auf der gegenüberliegenden Talseite verläuft die A2). Ein leises Grundrauschen ist tatsächlich je nach Windrichtung zu hören, aber gilt dieses Argument nicht auch für ihren eigenen Friedhof? Man riet mir jedoch, mich an den zuständigen Pfarrer des Seelsorgeraums zu wenden. Eine E-Mail mit allen Details wird verfasst und versendet. Gleichzeitig beginne ich, mich auch mit alternativen Möglichkeiten auseinanderzusetzen.
Juni 2023:
Ich schreibe ein Bestattungsunternehmen an, das mir aufgrund seines Internetauftritts sehr sympathisch erscheint – und mein Gefühl täuscht mich nicht. Kurz darauf erhalte ich eine Antwort, und der erste Austausch beginnt. Am gleichen Tag meldet sich auch der Pfarrer telefonisch bei mir und spricht von einer pastoralen Gelegenheit für seine Gemeinde. Wir vereinbaren ein persönliches Gespräch für Ende Juni. In der freundlichen Atmosphäre des Pfarrhofs stellen meine Frau und ich unser Vorhaben vor. Der Pfarrer möchte auch alle Beteiligten in seinem Umfeld einbeziehen und kündigt an, sich danach wieder zu melden.
Juli 2023:
Mitte Juli kommt die heiß ersehnte Rückmeldung des Pfarrers: Im Laufe des Herbstes soll es ein weiteres unverbindliches Gespräch geben. Das ist natürlich weder Fisch noch Fleisch und zu viel an Unverbindlichkeit, um ein Projekt zu planen. Auch Rückfragen ändern nichts – es bleibt bei einem Termin „irgendwann im Herbst“. In der Zwischenzeit haben wir unser Vorhaben informell auch dem Bürgermeister der Gemeinde, in der sich der Wald befindet, vorgestellt. Er zeigt sich nicht abgeneigt.
Anmerkung: Von der Kirche habe ich seitdem übrigens nichts mehr gehört. Für den Termin im Herbst habe ich es wohl versäumt, nach der Jahreszahl zu fragen. Wenn man die Ewigkeit nicht auf seiner Seite hat, ist dies nicht ganz unerheblich.
August 2023:
Das erste Treffen mit meinem zukünftigen Geschäftspartner im Treibhaus in Innsbruck findet statt. Man versteht sich auf Anhieb und vereinbart, die nächsten Schritte für die Unternehmensgründung anzugehen.
Kapitel 2 – Die Unternehmensgründung, eine schwere Geburt
September und Oktober 2023:
Verträge werden ausgehandelt und unterschrieben. Notare werden mit den notwendigen Aufgaben beauftragt, um den Firmenbucheintrag der Fuchs und Hase KG beim Firmenbuchgericht einreichen zu können. Der Name „Fuchs und Hase“ mag in unserem Zusammenhang vielleicht etwas an einen Tierfriedhof erinnern, aber wir wollen damit unsere unkonventionelle Einstellung zum Ausdruck bringen. Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, kann auch ein stimmiger Ort für einen Friedhof sein.
19. Oktober 2023:
Das Firmenbuchgericht teilt uns mit, dass der Firmawortlaut „Fuchs und Hase KG“ nicht eintragungsfähig ist, da in der Firma einer Personengesellschaft der Name einer anderen Person als eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters nicht verwendet werden darf. Ein Anruf bei der zuständigen Diplomrechtspflegerin mit dem Hinweis, dass Fuchs und Hase ein bekanntes Gespann aus der Fabelwelt sei, zeigt keinen Erfolg, da der hörbar jungen Dame diese Referenz nicht bekannt war. Der Gedanke, unsere Familiennamen in Fuchs und Hase zu ändern, wird schnell verworfen. Die etwas missverständliche Abkürzung FUH KG kommt auch nicht gut an. So wird schließlich die Autal Naturbestattung KG geboren. Erneut werden Notare beauftragt und ein weiterer Anlauf wird genommen.
20. Dezember 2023:
Bange Wochen des Wartens vergehen, bis erneut eine Nachricht vom Firmenbuchgericht eintrifft – dieses Mal inklusive eines negativen Gutachtens der WKO Steiermark. Die Wirtschaftskammer, das ist laut eigenem Chatbot „eine starke Stimme für die Unternehmen“, die sich für eine zukunftsorientierte und wirtschaftsfreundliche Politik einsetzt. In unserem Fall jedoch ist sie eine starke Stimme gegen ein Unternehmen. Obwohl die WKO in diesem Verfahren rechtlich keine Parteienstellung hat, wird sie dennoch angehört. Und wenn man schon gefragt wird, hat man – als Mensch oder auch als Organisation – natürlich eine Meinung. Ihre Meinung bzw. ihr Gutachten zur „Autal Naturbestattung“ lautet unter anderem, dass Ortsnamen nur dann als Bestandteil des Unternehmensnamens geführt werden dürfen, wenn man in seiner Branche zumindest von besonderer Bedeutung für die Region ist. Dies wird uns nicht zuerkannt.
Wer das gemütliche Autal und den Radarkasten kennt, um den zehn Häuser – eines davon das Feuerwehrgebäude – gebaut wurden, weiß, dass die Juristin der WKO vermutlich nie einen Fuß in diesen Ort gesetzt hat. Tatsächlich sind wir wahrscheinlich das Größte, was im Autal in den letzten fünfzig Jahren passiert ist – abgesehen von der Errichtung des neuen Feuerwehrgebäudes natürlich.
Diesmal wollen wir uns jedoch nicht so einfach geschlagen geben.
8. Jänner 2024:
Wir nutzen die Weihnachtsfeiertage, um unsere Argumente zu sammeln, und geben im neuen Jahr unsere Stellungnahme zum Gutachten der Wirtschaftskammer ab. Dabei schreiben wir so, wie wir denken: Die Meinung der WKO ist irrelevant. Aus rechtlicher Vorsicht gehen wir jedoch auch inhaltlich auf das Gutachten ein. Eine zur Irreführung geeignete Übertreibung ist mit der Wahl „Autal“ wohl eher absurd – dies wäre bei „Weltherrschaft Österreich Naturbestattung KG“ der Fall, aber bis dahin brauchen wir doch noch etwas Zeit.
31. Jänner 2024:
Wieder vergehen einige Tage, bis der nächste Beschluss des Firmenbuchgerichts bei uns einlangt. Die Autal Naturbestattung KG ist endlich eingetragen.
Anfang Februar 2024:
Jetzt soll alles schnell gehen. Ein Termin bei der Bank zur Eröffnung eines Geschäftskontos wird vereinbart. Der honorige Bankberater erklärt, schon viele Firmengründungen begleitet zu haben, aber eine Bestattung war noch nie dabei. In diesem Moment wird mir zum ersten Mal bewusst, dass ich tatsächlich einen besonderen Weg eingeschlagen habe.
Auch die Anmeldung des reglementierten Gewerbes „Bestattung“ für die Gesellschaft beim Gewerbeamt sollte eigentlich eine reine Formsache sein, denn mein Geschäftspartner bringt ja alle Voraussetzungen mit – sollte...
6. Februar 2024:
Es ging tatsächlich schnell - zumindest die Reaktion der Gewerbebehörde. Auf drei Seiten wird ausführlich dargelegt, warum die Voraussetzungen zur Ausübung unseres Gewerbes angeblich nicht erfüllt seien. Eine Unterstellung folgt der nächsten. Fast schon anekdotisch endet das Schreiben mit der Feststellung, dass ich im Zentralen Melderegister vom 30.11.2021 bis 17.08.2022 nicht gemeldet war und daher einen Strafregisterauszug des Landes vorlegen müsse, in dem ich mich in dieser Zeit aufgehalten hätte.
Stimmt! Da war doch etwas. Zu jener Zeit wurde in Österreich – natürlich ganz im Einklang mit den Werten unseres Staates – eine allgemeine Impfpflicht gegen COVID-19 für alle Personen ab 18 Jahren von den Abgeordneten des Nationalrats beschlossen. Hier die Liste der Abgeordneten, die dem zugestimmt haben. Da diese Zwangsmaßnahme nur für Personen mit Hauptwohnsitz in Österreich gegolten hätte, habe ich an jenem Tag meinen Status im Onlinezugang des Zentralen Melderegisters überprüft. Ungeschickt wie ich manchmal bin – oder vielleicht war es eine unserer Katzen, die sich ja liebend gern auf die Tastatur legen –, muss ich wohl versehentlich meine Abmeldung angeklickt haben. Als mir dieser Fehler im August 2022 bewusst wurde, habe ich mich natürlich umgehend wieder angemeldet.
Anmerkung: Jeder Mensch hat das Recht, frei über seinen Körper zu bestimmen. Niemand darf vom Staat, der Gesellschaft oder dem Arbeitgeber gezwungen werden, medizinische Eingriffe an sich vornehmen zu lassen – schon gar nicht solche, die unzureichend getestet sind oder deren Wirkung fragwürdig erscheint. Druck und Zwang zur Durchsetzung solcher Maßnahmen sind inakzeptabel und stellen ein Verbrechen dar.
19. Februar 2024:
Wir reagieren mit einer ausführlichen Stellungnahme, in der wir sämtliche Behauptungen der Behörde widerlegen.
März 2024:
Nichts passiert – weder Nachfragen noch sonstige Rückmeldungen. Mitte März verfasse ich eine E-Mail an die Gewerbebehörde, in der ich ankündige, nun unverzüglich mit unserer betrieblichen Tätigkeit im Bestattungswesen zu beginnen. Doch auch darauf erfolgt keine Reaktion. Es sind zwar alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, jedoch fehlt der Eintrag im GISA, dem Gewerbeinformationssystem, der die öffentliche Bekanntmachung darstellt.
Solche Wartezeiten sind äußerst belastend. Bin ich es doch gewohnt, Aufgaben schnell und effizient zu erledigen, ohne etwas liegen zu lassen. Doch immer wieder werde ich durch externe Faktoren ausgebremst, was dazu führt, dass ich meinen inneren Antrieb jedes Mal auf Null herunterfahren muss – nur um ihn plötzlich wieder aktivieren zu müssen, wenn es endlich weitergeht. Das demotiviert und hat in dieser Zeit eine gewisse Freudlosigkeit in mir aufkommen lassen. Wozu sich das Ganze überhaupt antun?
11. April 2024:
„Verständigung: Die Gewerbeanmeldung der nachstehend angeführten Gewerbeberechtigung wurde im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) eingetragen.“
Fast auf den Tag genau ein halbes Jahr haben wir dank der Behörden benötigt, bis die Autal Naturbestattung KG vollständig handlungsfähig wurde. Wie viele halbe Jahre hat man eigentlich im Verlauf seines aktiven Berufslebens zur Verfügung?
Mai und Juni 2024:
Jetzt können endlich die Verträge zwischen der Autal Naturbestattung KG und der Waldbesitzerin, meiner Frau, aufgesetzt werden.
Ich verfasse eine detaillierte Projektbeschreibung, dabei entstehen jedoch Fragestellungen, deren Beantwortung mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich gedacht. Aus den geplanten zwei Wochen werden schnell zwei Monate.
Auch im Wald selbst müssen einige Forstarbeiten durchgeführt werden, die mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Mithilfe künstlicher Intelligenz entwerfen wir unser Firmenlogo. Die länglichen Buchstaben symbolisieren die Bäume im Wald, während die gedrungenen Formen darunter den Boden darstellen. Unseren Söhnen gefällt es überhaupt nicht, aber wir finden es sehr stimmig – vor allem, weil wir darauf verzichten, eine direkte Abbildung eines Baumes zu verwenden, wie es bei unseren Mitbewerbern üblich ist.
Kapitel 3 –
Anfang Juli 2024:
Der Zeitpunkt für die offizielle Einreichung unseres Projekts bei der Gemeinde Hart bei Graz ist gekommen. Vor einem Jahr gab es bereits ein informelles Gespräch mit dem Bürgermeister, nun bitte ich um einen Termin, um die formalen Schritte zu besprechen. Auch einige Exemplare der zuvor erstellten Projektbeschreibung sollen dabei übergeben werden. Die Seiten werden in Farbe ausgedruckt – und hätte ich nicht ein paar Monate zuvor mein altes Thermobindegerät entsorgt, weil ich dachte, es nie wieder zu brauchen, müsste ich jetzt nicht mühsam mit dem Bügeleisen improvisieren. Der Termin mit dem Bürgermeister wird über seine Assistentin auf den 19. Juli festgelegt.
19. Juli 2024, Teil 1:
Das Büro des Bürgermeisters wirkt sehr leer, um nicht zu sagen spartanisch. Auf dem großen Schreibtisch stehen lediglich ein Monitor, eine Tastatur und eine Maus. Der Bürgermeister sitzt mir gegenüber, und nach einer kurzen Begrüßung beginne ich damit, das Projekt vorzustellen. Ich überreiche ihm einige Exemplare meiner Projektbeschreibung. Während er interessiert in einem davon blättert, erkläre ich die wesentlichen Aspekte des Konzepts und betone besonders die Vorteile für die Gemeinde. Mir ist es außerdem wichtig, klarzustellen, dass die Beisetzungsplätze im Wald nicht in kurzer Zeit verkauft werden sollen, um Gewinnmaximierung zu betreiben. Stattdessen plane ich, jedes Jahr nur so viele Plätze zu vergeben, dass der Urnenwaldfriedhof unter Berücksichtigung der Ruhezeiten langfristig wirtschaftlich tragfähig bleibt – heute nennt man das nachhaltig.
Die Gemeinde spielt eine entscheidende Rolle bei einem solchen Projekt, denn nur sie kann die notwendigen raumordnungsrechtlichen Schritte einleiten. Ohne ihre Zustimmung geht also gar nichts.
Es ist kein Zufall, dass die Projektbeschreibung einen eigenen Abschnitt mit dem Titel „Die Bedeutung für die Gemeinde Hart bei Graz“ enthält:
Friedhöfe spielen eine wichtige Rolle im sozialen Gefüge einer Gemeinschaft, indem sie Orte des Zusammenkommens, der Erinnerung und der öffentlichen Interaktion bieten. Sie sind somit oft mehr als nur Orte der Trauer, sondern können einen aktiven und dynamischen Bestandteil des Gemeinschaftslebens darstellen. Allerdings ist auch diesbezüglich der Generationenwandel ersichtlich und so ist festzustellen, dass für die ältere Generation der Friedhof eine weitaus bedeutendere Rolle im Sozialleben des Einzelnen spielt, als er dies im Allgemeinen für die jüngere Generation tut.
In der Gemeinde Hart bei Graz gibt es derzeit den öffentlichen römischkatholischen Friedhof für Erdbestattungen der Stationskaplanei Autal mit einer Fläche von 3.649 m². Dieser Friedhof steht Personen zur Verfügung, die ihren Hauptwohnsitz oder ihren Sterbeort im Friedhofssprengel haben (Marktgemeinde Laßnitzhöhe und Gemeinde Hart bei Graz).
Angesichts der oben genannten Entwicklung der Bevorzugung von Feuerbestattungen und aufgrund des demographischen Wandels wird in den nächsten Jahren der Bedarf an alternativen Ruhestätten auch in dieser Gemeinde stetig ansteigen. Der geplante Urnenwaldfriedhof im Autal wird direkt an den bestehenden katholischen Waldfriedhof angrenzen und somit das bestehende Angebot um eine alternative Bestattungsform an einem Ort erweitern. Dabei ist kein Eingriff in die bestehende Landschaft erforderlich, bestehende Parkflächen können von den Besuchern aller Friedhöfe genutzt werden. Ein bereits vorhandener Rundweg, der über ein weiteres, ebenfalls im Besitz stehendes Grundstück führt und an einem großen Teich mit idyllischen Sitzmöglichkeiten zum Verweilen einlädt, rundet das Bild eines durchdachten Gesamtkonzepts ab.
Das für den Urnenwaldfriedhof bestimmte Grundstück mit einer Fläche von 24.939 m² unterscheidet sich wohltuend von den zum Teil riesigen Waldflächen der Mitbewerber. Dies wirkt sich vor allem positiv auf die leichte, nahezu immer ebene Erreichbarkeit der einzelnen Bäume aus, die für den Grabbesuch im Wald vor allem für ältere oder gehbeeinträchtigte Menschen vorrangig ist.
19. Juli 2024, Teil 2:
Auch ein Urnenwaldfriedhof bleibt ein Wald, erhält jedoch im Grundbuch einen Zusatzeintrag für eine Sondernutzung als Friedhof. Dieser Eintragung geht eine Änderung des örtlichen Entwicklungskonzepts und des Flächenwidmungsplans voraus. Solche Änderungen werden in der Regel gesammelt alle zehn Jahre durchgeführt, können aber auch vorzeitig erfolgen, wenn ein innovatives, neues Projekt ansteht.
Nachdem ich meine Präsentation beendet habe, teilt mir der Bürgermeister mit, dass er kein eigenes Verfahren für mein Projekt starten wird – in diesem Moment sehe ich bereits dunkle Wolken über meinem Urnenwaldfriedhof aufziehen. Doch im gleichen Atemzug erklärt er, dass ich mein Projekt an das laufende Verfahren anhängen kann – und die Wolken verziehen sich sofort. Ich müsse lediglich meine Unterlagen per E-Mail beim Bauamt einreichen, da in seiner Gemeinde alles elektronisch abgewickelt wird, erklärt er nicht ohne Stolz.
Er deutet auch darauf hin, wo meine mühsam erstellten und gebundenen Projektbeschreibungen landen werden, und zeigt auf den Papierkübel. Ohne zu zögern, nehme ich ihm alle Exemplare wieder ab – dafür habe ich dann doch zu lange mit dem Bügeleisen in der Küche gestanden, um sie so emotionslos entsorgen zu lassen.
Im nächsten Gemeinderat wird das Thema behandelt, und der Bürgermeister macht sich eine Notiz, indem er sich dem Computermonitor zuwendet und etwas eintippt. Da der Gemeinderat jedoch erst nach der Sommerpause am 3. Oktober wieder tagt, bleiben für mich noch quälend lange 2 ½ Monate Wartezeit.
Beim Verlassen des Büros denke ich, dass ich zwar keine Begeisterungsstürme beim Bürgermeister auslösen konnte, aber mit dem laufenden Raumplanungsverfahren hatte ich doch wohl richtig Glück.
30. Juli 2024:
Nachdem ich unser Projekt zur Errichtung eines Urnenwaldfriedhofs im Autal unmittelbar nach meinem Termin beim Bürgermeister auch beim Bauamt eingereicht habe, erhalte ich eine Rückmeldung:
„Die Gemeinde Hart bei Graz befindet sich derzeit in der Revision des ÖEK und des Flächenwidmungsplanes.
Der Gemeinderat hat sich dazu entschlossen, vor der Auflage keine zwischenzeitlichen Änderungsverfahren mehr durchzuführen.
Wir werden Ihren Wunsch in der Revision und in den Planungsausschüssen entsprechend berücksichtigen.“
Da mir nicht ganz klar ist, welche zeitlichen Auswirkungen dies auf unser Projekt hat, rufe ich direkt beim Bauamt an. Die nächsten Schritte werden mir erläutert, und so ergibt sich, dass alles auf Gemeindeebene bis zum Frühjahr 2025 abgeschlossen sein könnte – nach den Gemeinderatswahlen im März. Zusätzlich rechne ich die sechs Monate für die Genehmigung durch die Landesregierung ein: Ende 2025. Das ist ernüchternd, aber ich habe ohnehin eher in Jahren als in Monaten geplant.
3. Oktober 2024:
Der Sommer war ereignisreich, aber ich überspringe diese Zeit, um sie im nächsten Kapitel zu erzählen.
Um 19:00 Uhr beginnt die Gemeinderatssitzung. Ich bin einer der Ersten im Saal und stelle schnell fest, dass ich der einzige Zuhörer bin – die Sitzung wird schließlich auch live im Internet übertragen. Viele Gemeinderäte begrüßen mich persönlich. Der Bürgermeister erscheint im letzten Moment, wirft mir auf dem Weg zu seinem Platz einen freundlichen Gruß zu. Die Sitzung, für zwei Stunden angesetzt, beginnt fast pünktlich, auch wenn die Übertragung nicht sofort reibungslos funktioniert.
Gleich zu Beginn wird hitzig diskutiert: Ein Gemeinderat hat den Bürgermeister und dessen Personalpolitik auf Facebook kritisiert, was dieser nicht unkommentiert lassen will. Die Reden am Rednerpult beginnen jeweils mit einer Begrüßung an das Publikum im Saal (also mich) und die Zuschauer daheim an den Monitoren. So oft wie an diesem Abend wurde ich schon lange nicht mehr begrüßt. Es wird schnell klar, wer bereits ein Rhetoriktraining in der Parteiakademie absolviert hat – und wer nicht. Tapfer halte ich durch, und nach über zwei Stunden stehen endlich die raumordnungsrechtlichen Themen auf der Tagesordnung. Doch der Urnenwaldfriedhof ist nicht dabei: Plötzlich wird der öffentliche Teil der Sitzung beendet, die Kamera geht aus, und ich muss den Raum verlassen. "Kann das wirklich sein?", denke ich mir. Mir wurde schließlich nichts Gegenteiliges mitgeteilt, das darauf hindeutete, dass mein Projekt nicht behandelt wird.
Wer früher, als es noch keine Handys und oft auch kein Telefon gab, schon einmal vergeblich bei der Weikharduhr am Grazer Hauptplatz auf ein dort vereinbartes Rendezvous mit der Dame oder dem Herrn vom Vorabend gewartet hat, weiß, wie ich mich jetzt fühle.
Noch in der Nacht schreibe ich dem Bürgermeister eine E-Mail und bitte um den aktuellen Stand.
4. Oktober 2024:
Die Antwort des Bürgermeisters ist bereits am Vormittag in meinem E-Mail-Postfach. Er entschuldigt sich kurz und erklärt, dass mein Projekt zwar in der letzten Ausschusssitzung hätte behandelt werden sollen, jedoch aufgrund aktueller Themen wie der Feuerwehr und der Volksschule keinen Platz mehr fand und auf die kommende Sitzung verschoben wurde, die rechtzeitig vor der nächsten Gemeinderatssitzung am 14.11. stattfinden wird.
Für mich ist das in Ordnung, auch wenn ich mir die mehr als drei Stunden mit Anfahrt und Rückweg vom Vortag gerne erspart hätte – zumal ich derzeit vollständig mit der Gründung meines neuen Unternehmenszweigs ausgelastet bin und jede Stunde kostbar ist.
9. Oktober 2024:
Ein weiteres E-Mail vom Bürgermeister. Es wiederholt die Nachricht des Bauamts vom 30. Juli, ergänzt um den Hinweis, dass der Planungsausschuss für die Revision frühestens im April/Mai 2025 tagen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass in den nächsten sieben bis acht Monaten auf Gemeindeebene nichts weitergeht – und damit auch kein Fortschritt für den Urnenwaldfriedhof möglich ist. Diese Information widerspricht sowohl der telefonischen Auskunft des Bauamts als auch der E-Mail, die ich fünf Tage zuvor vom Bürgermeister erhalten habe. Nun ist mir endgültig klar, welche Priorität ein solch einzigartiges Vorhaben wie der Urnenwaldfriedhof in dieser Gemeinde genießt – ein Projekt, von dem die Bevölkerung ausschließlich profitieren würde.
Da ich mittlerweile besser vernetzt bin, weiß ich inzwischen, dass ein vergleichbares Konzept in anderen Gemeinden bereits innerhalb von anderthalb Jahren erfolgreich umgesetzt wurde. Aber wie schon erwähnt, fehlt mir momentan die Zeit und Energie, mich intensiver dem Urnenwald zu widmen, denn…
Kapitel 4 – Fuchs und Hase sagen sich noch lange nicht gute Nacht
Sprung zurück in den Juli 2024:
Bereits in der frühen Gründungsphase der Autal Naturbestattung kam der Gedanke auf, das Unternehmen über die Verwaltung des Urnenwaldfriedhofs hinaus auf die klassische Bestattertätigkeit auszuweiten. Damals fragte ich Freunde, ob sie Interesse hätten, diese Gelegenheit als zusätzliche Partner zu ergreifen. Die Reaktionen waren jedoch zurückhaltend bis ablehnend. Auch für mich war es zunächst schwer vorstellbar, selbst als Bestatter zu arbeiten – schließlich sind damit oft Situationen verbunden, die emotional sehr belastend sein können. Doch über die Wochen und Monate reifte der Gedanke, und als nach meinem Termin beim Bürgermeister feststand, dass beim Urnenwaldfriedhof über den Sommer nicht viel passieren würde, fasste ich den Entschluss.
Ich besprach die weitere Vorgehensweise mit meinem Geschäftspartner, und wir vereinbarten für September ein Praktikum in einem seiner Betriebe in Innsbruck.
1. September 2024:
Auf der langen Autofahrt nach Innsbruck gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Werden die Vorstellungen und Ideen, die ich mir über die letzten Wochen für den Betrieb meines Bestattungsunternehmens gemacht habe, der Realität standhalten – oder werden sie von ihr hinweggefegt? Morgen beginnt jedenfalls mein Praktikum als „Lehrbua“ in einem gut laufenden, etablierten Bestattungsunternehmen, und ich bin entsprechend aufgeregt.
Fortsetzung folgt